Schweizer Armee: "Ich wollte Panzerfahrerin werden – jetzt leite ich den Waffenplatz"

Sie ist Automechanikerin, Panzerfahrerin, Stabsadjutant – und vor allem: mit Herzblut dabei.

Nathalie Rölli ist Waffenplatz Berufsunteroffizierin auf dem Waffenplatz Wil bei Stans in Oberdorf. Wer denkt, das sei ein ruhiger Job in der Provinz, täuscht sich gewaltig.

Fachoffizier Aisha Seitz, Kommunikationsoffizierin Milizstab SWISSINT sprach mit Stabsadjutant Nathalie Rölli

Nathalie, du bist Waffenplatz Berufsunteroffizierin. Was bedeutet das konkret?

Es ist immer etwas los! Der Waffenplatz umfasst zahlreiche Gebäude, es gibt viele Benutzerinnen und Benutzer und noch mehr Kurse. Ich bin zuständig für die militärische Nutzung der Infrastruktur – also: planen, regeln, verantworten. Konkret heisst das, ich werte Zimmer-Belegungen aus, analysiere die Auslastung, koordiniere mit der Küche und dem Betriebsdetachement, kümmere mich um Sicherheits- und Umweltschutzthemen und beantworte Fragen wie «Warum funktioniert das Licht nicht?» (lacht). Routine gehört dazu, aber langweilig wird es nie.

Wie bist du zur Armee gekommen? War das schon immer dein Plan?

Ich habe eine Lehre als Automechanikerin gemacht – nicht unbedingt typisch als Frau. Meine Vertiefungsarbeit drehte sich um die Schweizer Armee, das Thema hat mich nicht mehr losgelassen. Ich habe mir gesagt: «Das will ich schaffen!» 2013 habe ich die Rekrutenschule als Panzerfahrerin absolviert. Von Anfang an wusste ich: Ich will weitermachen. Es folgte der klassische Weg als Einheitsfeldweibel in der Infanterieschule, Zeitmilitär ab 2014, dann die Laufbahn zur Berufsunteroffizierin.

Seit September 2024 bist du in Stans-Oberdorf. Wie sieht dein Alltag dort aus?

Kein Tag ist wie der andere. Die grösste Herausforderung ist die Koordination mit allen Beteiligten. Der Waffenplatz wird vom Stab des Kompetenzzentrums SWISSINT, dem Ausbildungszentrum SWISSINT, der Retablierungsstelle der Logistikbasis der Armee (LBA) und dem Amt für Militär und Zivilschutz des Kantons Nidwalden genutzt. Auch der Zivilschutz des Kantons grenzt an das Gelände. Da braucht es Fingerspitzengefühl, Übersicht und viel Kommunikation, vor allem bei Bau- und Infrastrukturprojekten.

Was schätzt du besonders an deiner Arbeit?

Ganz klar: die Menschen. Es gibt häufige Wechsel, neue Gesichter, frische Ideen. Alle sind offen, motiviert – es ist schön, ein Teil davon zu sein. Der Standort ist wunderschön, mit dem Ausbildungscamp und dem darin integrierten Übungsdorf, internationalen Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern und einem Panorama, das einem den Atem raubt.

Und wie funktioniert die Zusammenarbeit mit so vielen Partnern?

Sehr gut! Ich wurde von Anfang an herzlich aufgenommen, auch wenn ich zugeben muss, dass der Nidwaldner Dialekt anfangs eine kleine Challenge war. Aber alle sind extrem hilfsbereit. Die besondere Rahmenbedingung – wir sind ein kantonaler Waffenplatz – bringt zwar Vor- und Nachteile, aber auch Gestaltungsspielraum.

Was bedeutet für dich gute Führung – insbesondere als Frau in einer männerdominierten Umgebung?

Gute Führung heisst für mich: Ich kenne das Ziel, wie ich dahin komme, liegt in meiner Verantwortung. Aktuell habe ich keine Unterstellten, aber viele Partner. Rückhalt durch die vorgesetzte Stelle ist immer entscheidend. Und was Frauen betrifft: Es stimmt, oft wird gesagt, wir müssten «mehr leisten». Aber viele Frauen machen sich diesen Druck selbst. In gemischten Gruppen ändert sich der Umgangston, es werden verschiedene Sichtweisen eingebracht – das tut allen gut.

Gab es Momente, in denen du dachtest: Jetzt hab ich’s im Griff – oder eben auch nicht?

Beides. Es gibt immer wieder Dinge, die man nicht vorhersehen kann. Aber ich weiss, wie ich reagieren muss – und wenn nicht, bekomme ich Unterstützung. Das ist das Schöne an der Armee: Man ist nie allein unterwegs.

Welche Aus- oder Weiterbildungen waren für dich besonders wichtig?

Lebenslanges Lernen ist bei uns nicht nur ein Schlagwort. Berufsmilitärs wechseln alle vier bis sechs Jahre den Einsatzbereich, das heisst man lernt ständig dazu. Wichtig ist für mich auch das Vertrauen in mein Team und die Fachleute. Ich muss nicht alles selber wissen – ich muss wissen, wen ich fragen kann.

Wie reagiert dein Freundeskreis auf deinen Job?

Nach über zehn Jahren ist es kaum noch ein Thema. Viele finden’s cool, sagen «Hut ab!». Aber was ich genau mache, wissen die wenigsten. Dafür schicken sie mir regelmässig Artikel über die Armee und fragen nach meiner Einschätzung dazu.

Was würdest du jungen Menschen sagen, die über eine militärische Laufbahn nachdenken?

Informiert euch gut! Auf der Webseite der Armee, Instagram oder TikTok bekommt man einen guten ersten Eindruck über die Möglichkeiten. Und dann überlegt euch genau, was ihr machen wollt. Ich würde sofort wieder ins Militär gehen. Man erlebt Dinge, die man im zivilen Leben nie erlebt.

Zum Schluss: Gibt es ein Vorurteil, das du aus der Welt schaffen möchtest?

Oh ja: Dass die Funktion Waffenplatz Berufsunteroffizier der letzte Job vor der Pension ist. Das stimmt einfach nicht. Es gibt so viele Entwicklungsmöglichkeiten, gerade im Rahmen der Digitalisierung. Dieser Job ist nicht nur etwas für alte Männer – sondern für neugierige, engagierte Menschen.

 

Quelle: Schweizer Armee
Bildquelle: SWISSINT

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